Zur Lage der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien
Eine autochthone Minderheit
Die deutschsprachige Bevölkerung Sloweniens bevölkert diesen Raum bereits seit Jahrhunderten. Das heutige Slowenien wurde zu verschiedenen Epochen und vor allem aus wirtschaftlichen Gründen besiedelt – insbesondere aus anderen Teilen der ehemaligen Habsburger-Monarchie, vor allem aus Oberkärnten, Osttirol, der Obersteiermark, Wien und Salzburg, aber auch aus Bayern und dem Sudetenland. Auch die slowenische Literatur behandelt die Besiedlung durch die Deutschen. So beschreibt der Roman „Visoška kronika“ (Die Chronik von Visoko) des Schriftstellers und Laibacher Bürgermeisters Ivan Tavcˇar die Besiedlung von Bischoflack (slow. Škofja Loka) und seinem Hinterland durch die Deutschsprachigen und erzählt die Geschichte eines jungen Mannes aus Visoko. Dieser beginnt beim Schmied Langerholz in Bischoflack eine Lehre und gewöhnt sich langsam auch an die Sprache, die das Volk spricht, das sich aus den deutschen Landen niedergelassen hat. Mit der Besiedlung ging gleichzeitig aber auch ein ununterbrochener Assimilierungsprozess in die slowenische Mehrheitsbevölkerung einher, und mit dem aufkommenden Frühling der Völker im 19. Jahrhundert begann auch die deutsche Volksgruppe in Slowenien ihren Wunsch nach eigenen, deutschen Schulen, kulturellen Einrichtungen sowie einer eigenen politischen Vertretung in den Gemeinderäten sowie im Krainer und Steirischen Landtag auszudrücken. Mit Ende des Ersten Weltkrieges bildete die deutsche Bevölkerung gemeinsam mit den kroatischen und serbischen Deutschen die größte Volksgruppe im Königreich Jugoslawien mit einem zweisprachigen, wenn auch eingeschränkten Bildungswesen und einer eigenen kulturellen Vertretung im Rahmen des Kulturbunds mit Sitz in Novi Sad. Nach der österreichischen Volkszählung im Jahr 1910 lebten im Gebiet des heutigen Sloweniens 106.377 Einwohner mit deutscher Umgangssprache, 1931 war die Zahl auf 28.998 Personen gesunken. Der Beitrag der in Slowenien lebenden deutschen Bevölkerung zum architektonischen, religiösen, musikalischen und literarischen Leben ist noch heute präsent; an dieser Stelle seien z. B. der Komponist Hugo Wolf aus Windischgrätz (slow. Slovenj Gradec), der Admiral der österreichischen Kriegsmarine Wilhelm von Tegetthoff aus Marburg (slow. Maribor), die Schriftstellerin Alma Maximiliane Karlin aus Cilli (slow. Celje), die 63 deutsch-slowenische Lyrikerin Lili Novy aus Laibach (slow. Ljubljana) oder der Maler Roman Erich Petsche aus Gottschee (slow. Kočevje) genannt. Der Schriftsteller und Politiker Ivan Cankar erklärt in seinen „Politični spisi“ (Politische Schriften) das Verhältnis gegenüber ihren Nachbarn, den Jugoslawen, wie folgt: Dem Blut nach seie man Brüder, der Sprache nach zumindest Vetter und der Kultur nach, die das Ergebnis einer Jahrhunderte langen getrennten Erziehung sei, seie man sich viel fremder als ein Oberkrainer Bauer gegenüber einem Tiroler oder ein Görzer Weinbauer gegenüber einem aus Friaul.
„Dem Blut nach seie man Brüder, der Sprache nach zumindest Vetter und der Kultur nach, die das Ergebnis einer Jahrhunderte langen getrennten Erziehung sei, seie man sich viel fremder als ein Oberkrainer Bauer gegenüber einem Tiroler oder ein Görzer Weinbauer gegenüber einem aus Friaul.“
Schriftsteller Ivan Cankar
Der Zweite Weltkrieg und die Folgen
Der Zweite Weltkrieg hatte für die deutsche Volksgruppe verheerende Folgen. Die Besetzung durch vier benachbarte Staaten hatte die massenhafte Umsiedlung von Gottscheern in die Heime der slowenischen Bevölkerung im so genannten Rann-Dreieck zur Folge, und bereits zu Beginn wurde der Kulturbund aufgelöst und in den neu gegründeten Heimatbund übergeführt. Bei diesem handelte es sich nicht mehr um eine Minderheitenorganisation, sondern um einen „Volkseintopf“, wie ihn der damals bekannteste Vertreter der deutschen Bevölkerung in der Untersteiermark, der Intellektuelle und Pastor Johann Baron, nannte. Der evangelische Senior schrieb am 18. August 1945, dass die so genannte Umsiedlung, die Verfolgung der slowenischen Intelligenz und des Klerus und die Erschießungen unbeschreibbares Leid über die Slowenen im Unterland gebracht hätten, und bereits am 1. Mai 1942 wandte sich der Pastor Baron gemeinsam mit dem Industriellen Franz Tscheligi mit einer gemeinsamen Denkschrift an die Parteizentrale in Berlin, in der sie die Gewalt gegen Slowenen verurteilten. Mit einer ähnlichen Denkschrift verurteilte bereits am 9. Juli 1941 der Rechtsanwalt Dr. Oskar Kaltenegger die Politik der Nationalsozialisten in der Oberkrain. Nach dem Krieg wurde Kaltenegger vor einem jugoslawischen Gericht von allen Beschuldigungen freigesprochen. Auch nahmen viele Angehörige der deutschen Volksgruppe aktiv und noch mehr passiv am Volksbefreiungskampf teil, was auch in mehreren Berichten und Fachbeiträgen dokumentiert ist. Im Gedenken an das Österreich-Bataillon wurde eine zweisprachige Gedenktafel aufgestellt. Es sind zahlreiche persönliche Dokumente erhalten, die von der Teilnahme am Befreiungskampf zeugen, und nicht zuletzt stammte Herta Haas, mit der Josip Broz Tito während des Krieges verheiratet war, aus einer bekannten deutschen Marburger Rechtsanwaltsfamilie. Dennoch besiegelten die AVNOJ-Beschlüsse das Schicksal des Vereinswesens und -lebens der deutschen Minderheit, die mit Ausnahme der Widerstandskämpfer und einiger weniger Einzelner enteignet und aus 64 Jugoslawien vertrieben wurde. Ein ähnliches Schicksal ereilte die deutsche Minderheit auch in anderen Teilen Osteuropas, wo ihre Angehörigen massenhaft hingerichtet, zu Zwangsarbeit abgestellt, nach Sibirien deportiert oder bestenfalls nach Deutschland oder Österreich vertrieben wurden. Deutschland und Österreich nahmen über 15 Mio. deutsche Flüchtlinge auf, die ihre Heimat verlassen mussten, da ihnen die kollektive Verantwortung und Schuld für die zwischen 1939 und 1945 begangenen NS-Verbrechen zugeschrieben wurden. Der Großteil der Flüchtlinge aus Slowenien fand so eine neue Heimat in Österreich, Deutschland und in den USA. Sie gründeten Kultur- und Gedenkvereine, die programmatisch zu keiner Zeit Jugoslawien oder der später entstandenen Republik Slowenien feindlich gegenüberstanden. Anders verhielt es sich mit den italienischen Flüchtlingen, die noch Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg in ganz Italien zahlreiche Proteste organisierten, während sich die ehemaligen Flüchtlinge der deutschen Volksgruppe nur die Rückgabe ihres verstaatlichten Vermögens wünschten, die später im unabhängigen Slowenien auf Grundlage des Denationalisierungsgesetzes im Vergleich zu anderen europäischen Staaten anfangs auch relativ großzügig erfolgte, später jedoch ins Stocken geriet.
Die erste Vereinsgründung in der Nachkriegszeit
Am 25. Juni 1991 wurde in das Vereinsregister von Marburg der erste deutschsprachige Verein der Nachkriegszeit eingetragen. Seine Gründung ging auf eine Menschenrechtsinitiative sowie auch auf das damalige Klima, das in der Gesellschaft in der Zeit vor der slowenischen Unabhängigkeit vorherrschte, und die damit verbundene Euphorie zurück, die man für das Plebiszit im Dezember 1990 benötigte. Die Politik war sich dessen bewusst, dass für ein erfolgreiches Plebiszit eine überzeugende Mehrheit erforderlich sein wird, und wandte sich so u. a. auch an die in Slowenien lebenden Angehörigen der übrigen Völker Jugoslawiens. Dies brachte den Richter am Verwaltungsgericht und späteren Marburger Rechtsanwalt Dušan Ludvik Kolnik auf die Idee und Umsetzung einer erneuten Vereinstätigkeit slowenischer Staatsbürger, die Nachfahren der historischen deutschen Volkskruppe in Slowenien sind. Die Anliegen der Volksgruppenvereine nach der Anerkennung ihrer Rechte sind älter als der Staat Slowenien und seine Verfassung und wurden durch den Ergänzungsvorschlag des Rechtsanwaltes Kolnik am 27. August 1990 geäußert. Der Wunsch ist daher eindeutig der Volksgruppe selbst zuzuschreiben. Die Schutzfunktion Österreichs für die deutschsprachige Volksgruppe in Slowenien ist legitim und wird partnerschaftlich und im europäischen Geist ausgeübt. Es werden daher keine imperialistischen und wirtschaftlichen Interessen damit vertreten, wie es von manchen Gegnern behauptet wird. „Der Versöhnung innerhalb des slowenischen Volkes soll die Versöhnung unter den Völkern folgen – auch mit den Deutschen“, schreibt Kolnik in seinem Antrag zur verfassungsmäßigen Anerkennung der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien vom August 1990. Die Verfassungsinitiative von Dušan Ludvik Kolnik endet mit den mahnenden Worten: „Nehmen wir die deutsche Minderheit in die Verfassung neben der italienischen und ungarischen auf. Dies sind wir schuldig, alleine zu machen, ohne Druck von außen, sondern unseres eigenen Gewissens halber.“ Die Initiative wurde von den Medien wohlwollend begleitet. Bereits im Oktober 1989 veröffentlichte die „Katedra“ eine Meinungsumfrage mit einem Kommentar der leider jüngst verstorbenen und damals jungen Journalistin Dragica Korade mit dem Titel „Hej Slovani, Nemci so v Mariboru“ (Hey Slawen, die Deutschen sind in Marburg). In der vom 26. bis zum 29. September 1989 telefonisch durchgeführten Meinungsumfrage äußerten sich die Befragten mit großer Sympathie über die deutsche Geschichte von Marburg. Diesem Beitrag folgten noch andere Medienberichte. Vor der ersten Volkszählung im unabhängigen Slowenien kam die Frage nach der Größe der deutschen bzw. deutschsprachigen Volkgruppe in Slowenien auf. Darüber hinaus arbeitete man am 27. August 1990 auf Initiative des Vereins Freiheitsbrücke Marburg einen Entwurf über die Erwähnung der deutschen Volksgruppe in der sich in Ausarbeitung befindlichen Verfassung der Republik Slowenien aus. Die Zeit war jedoch für einen solchen Schritt noch nicht reif. Es folgte die Zeit, in der die Republik Slowenien um ihre internationale Anerkennung rang. Hierbei kam Österreich und Deutschland eine wesentliche Rolle zu, und so prägten sich der damalige deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl und der damalige österreichische Außenminister Alois Mock auf ewig in das slowenische kollektive Gedächtnis ein. Die Bundesrepublik Deutschland unter Helmut Kohl erkannte nach Weihnachten 1991 Slowenien an und traf somit zum ersten Mal nach dem Zweiten Weltkrieg eine Entscheidung gegen den Willen der ehemaligen Alliierten. Dafür war die slowenische Politik äußerst dankbar; Österreich wiederum spielte eine Schlüsselrolle bei der Einführung und weltweiten Anerkennung der neuen slowenischen Währung – dem Tolar.
„Der Versöhnung innerhalb des slowenischen Volkes soll die Versöhnung unter den Völkern folgen – auch mit den Deutschen“
Rechtsanwalt Dušan Ludvik Kolnik
Memorandum und Kulturabkommen
1992 unterstrich Österreich im so genannten „Mock-Memorandum“, dass es sich als legitimiert erachtet, die Anliegen der deutschsprachigen Volksgruppe in der Republik Slowenien und deren Anliegen gegenüber der slowenischen Regierung zu vertreten bzw. zu unterstützen. Für eine gedeihliche Entfaltung dieser Volksgruppe in der Republik Slowenien erachtet Österreich folgendes als wesentlich: 1. die Anerkennung des 66 Bestehens der Volksgruppe und die gesetzliche Verankerung ihrer Rechte; 2. die Förderung des Unterrichts der deutschen bzw. in deutscher Sprache insbesondere im Bereich des Grundschulwesens, überall dort, wo hiefür ein Bedarf gegeben ist; und 3. finanzielle sowie allfällige Unterstützung künstlerischer Aktivitäten der Volksgruppe. Österreich hielt im Memorandum ferner fest, dass die Ergebnisse amtlicher Volkszählungen nicht unbedingt als Grundlage für die tatsächliche Anzahl der Angehörigen einer Volksgruppe herangezogen werden können. Dieses Memorandum erwies sich als wegweisend für die weitere österreichische Politik, die von da an kontinuierlich die Tätigkeit der deutschen Kulturvereine in Slowenien finanziell unterstützt und auf bilateraler Ebene gegenüber der Republik Slowenien ihr Anliegen auf Anerkennung und Achtung der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien thematisierte und bis heute thematisiert. Am 30. April 2001 unterzeichneten Österreich und Slowenien ein bilaterales Kulturabkommen, in dem auch zum ersten Mal in einem österreichisch-slowenischen Vertrag die deutsche Volksgruppe genannt wird. Der Historiker Dr. Stefan Karner bezeichnete das Abkommen als ein Abkommen, dessen Hauptsache zur Nebensache geworden sei. Österreich verlieh dem Anliegen auf Anerkennung der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien erneut Nachdruck. Auch der österreichische Nationalrat zeigt parteiübergreifend Interesse an der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien. 2012, 2014, 2018 und 2020 wurden jeweils Entschließungen des Nationalrates einstimmig angenommen, indem „die Bundesregierung – und im speziellen die zuständige Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres – ersucht wird, sich auf bilateraler und europäischer Ebene dafür einzusetzen, die Republik Slowenien zur offiziellen Anerkennung der deutschsprachigen Volksgruppe zu bewegen“. Eine weitere Resolution der Föderalistischen Union europäischer Volksgruppen (FUEN) beschloss die Jahreshauptversammlung am 23. Juni 2018 als „dringender Aufruf an die Regierung der Republik Slowenien, die seit Jahrhunderten in Slowenien lebende deutschsprachige Gemeinschaft zu unterstützen“. Neben der FUEN haben sich verschiedene Vertreter der Kärntner Slowenen lautstark für die verfassungsmäßige Anerkennung der deutschen Minderheit in Slowenien ausgesprochen. Aussagekräftig hat beispielsweise der Ratsobmann und Botschafter Dr. Valentin Inzko im Demokracija-Interview vom 7. Juni 2018 sein Statement zu diesem Thema abgegeben: „Ich denke, dass alle drei Minderheitenorganisationen in Kärnten die Anerkennung der autochthonen deutschsprachigen Gemeinschaft in Slowenien unterstützen. Warum werden die Ungarn und Italiener anerkannt und die deutschsprachigen Staatsbürger von Slowenien nicht? Das versteht bei uns keiner. In Kärnten besteht ein Konsens über diese Frage vor allem aus prinzipiellen Gründen.“
„Ich denke, dass alle drei Minderheitenorganisationen in Kärnten die Anerkennung der autochthonen deutschsprachigen Gemeinschaft in Slowenien unterstützen. Warum werden die Ungarn und Italiener anerkannt und die deutschsprachigen Staatsbürger von Slowenien nicht? Das versteht bei uns keiner. In Kärnten besteht ein Konsens über diese Frage vor allem aus prinzipiellen Gründen.“
Botschafter Dr. Valentin Inzko
Weitere verfassungsmäßig nicht anerkannte Minderheiten in Slowenien
Eine Anerkennung der deutschen Volksgruppe könnte die ähnlichen Interessen der Völker aus dem ehemaligen Jugoslawien stärken, lautete die Ausrede aus den Reihen der slowenischen Politik, wobei die Verfassungsinitiative am Jahresende 2017 und der Gesetzesentwurf kurz vor der Parlamentswahl 2018 zeigten, dass Teile der slowenischen Politik willig sind, den jugoslawischen Volksgruppen eine angemessene Anerkennung ihrer Rechte anzuerkennen. Jedoch bekamen die beiden Initiativen keine entsprechende Mehrheit im Parlament. Im Interview mit der Zeitschrift „Mladina” vom 7. Dezember 2018 stellt die wissenschaftliche Rätin Dr. Vera Kržišnik-Bukicˇ die Frage in den Raum: „Ich bin keine Expertin für die deutsche Minderheit in Slowenien, aber es bleibt die Frage, bis wann man noch die Deutschen in Slowenien stigmatisieren soll, die von anderen europäischen Staaten bereits als Minderheit anerkannt wurden, verfassungsrechtlich z. B. von Kroatien 2010.“ Sie schlägt die verfassungsmäßige Anerkennung der sechs jugoslawischen Volksgruppen und der deutschen Volksgruppe vor. „Slowenien könnte die Minderheitenproblematik ganzheitlich für etwa 50 Jahre regeln, da es gemäß der allgemein anerkannten Definition keine anderen Volksgruppen in Slowenien gibt“, bekräftigt sie ihre Argumentation. Seit einigen Jahren gibt es ein gewisses Interesse slowenischer Journalisten am Schicksal der deutschsprachigen Volksgruppe in ihrem Land sowie eine zaghafte Bereitschaft der slowenischen Politik zum Dialog, der nicht zuletzt auch vom Europarat wiederholt eingemahnt wurde. Ein bedeutender Teil des neu entstandenen Dialoges sind auch die Beziehungen zur slowenischen römisch-katholischen und evangelischen Kirche, zu denen die Angehörigen der deutschen Volksgruppe überwiegend gehören. Ein neues Kapitel zwischen der slowenischen römisch-katholischen Kirche und der deutschen Volksgruppe wurde nach der slowenischen Unabhängigkeit vom damaligen Laibacher Erzbischof Alojzij Šuštar aufgeschlagen, der im Zusammenhang mit der Anerkennung der deutschen Volksgruppe den Wunsch äußerte, dass man für den Nächsten das tun solle, was man sich vom Nächsten für sich selber wünsche. Mit diesem Satz konnten endgültig die historischen Vorurteile überbrückt und der Aussöhnung der Weg geebnet werden. Beide Kirchen arbeiten im Übrigen im Sinne der Ökumene zusammen und halten für die Gläubigen der deutschsprachigen Volksgruppe Messen und spenden die Sakramente in deutscher Sprache.
„Ich bin keine Expertin für die deutsche Minderheit in Slowenien, aber es bleibt die Frage, bis wann man noch die Deutschen in Slowenien stigmatisieren soll, die von anderen europäischen Staaten bereits als Minderheit anerkannt wurden, verfassungsrechtlich z. B. von Kroatien 2010.“
Wissenschaftsrätin Dr. Vera Kržišnik-Bukić
Federführende Aufgaben übernahm die Jugend
Heute verfügt die deutsche Volksgruppe slowenienweit über eigene Vereine, und ihre historische und traditionelle Existenz in Slowenien spiegelt sich in den Vereinssatzungen und kulturellen Aktivitäten wider. Neben Marburg existieren Kulturvereine der deutschsprachigen Volksgruppe in der Gottschee, im Abstaller Feld und in Cilli. Der Kulturverein der deutschsprachigen Jugend (KDJ) wurde bei der Gründungssitzung im Dezember 2011 von engagierten Studenten der Universität Laibach mit dem Ziel gegründet, dass die jugendlichen Angehörigen der deutschsprachigen Volksgruppe in der slowenischen Hauptstadt die Tradition und Sprache der Vorfahren aufrechterhalten und damit die Zukunft der deutschsprachigen Volksgruppe für die weiteren Jahrzehnte sichern können. Nun stand der Jugendverein bereits auf einer soliden Basis, jedoch hat der kleine Begegnungsraum im abgelegenen Stadtteil bei Weitem den Vereinszielen nicht mehr entsprochen. Christian Lautischer wurde im Jahr 2017 auch zum Vorsitzenden des Dachverbandes der Kulturvereine der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien ernannt, und der Bedarf nach repräsentativen Räumlichkeiten in einem geschichtsträchtigen deutschen Haus in der Altstadt von Laibach wurde immer stärker. Der Kulturverein der deutschsprachigen Jugend verfügt über einen Instagram- und Twitter-Account „KDJ_SLOWENIEN“ und einen Facebook-Account unter „Kulturverein deutschsprachiger Jugend“. Durch die Wiedergründung der historischen deutschsprachigen Laibacher Zeitung in der Redaktion des Kulturvereins der deutschsprachigen Jugend hat sich der gute Ruf über den Jugendverein schlagartig durch die Stadtviertel und unter den deutschsprachigen Familien in Laibach verbreitet. Am Jahresende 2018 hat die altansässige Laibacher Familie Pasch-Wallersberg eigene Räume am Alten Markt (Stari trg) 11a im historischen Schweigerhaus für die deutschsprachigen Vereinsaktivitäten zur Verfügung gestellt.
Der Dachverband der Kulturvereine der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien
Heute verfügt die deutschsprachige Volksgruppe slowenienweit über neun Kulturvereine. Ihre historische und traditionelle Existenz in Slowenien spiegelt sich in den Vereinsstatuten und kulturellen Aktivitäten wider. Der Dachverband der Kulturvereine der deutschsprachigen Volksgruppe vertritt die politischen Interessen der gesamten Volksgruppe gegenüber dem Staat Slowenien. Der Dachverband trifft sich vierteljährlich bei den gemeinsamen Sitzungen und pflegt einen engen Kontakt zur Österreichischen Botschaft in Laibach. Seit 2019 verfügt die Dachorganisation über die einheitliche Internetseite: www.laibacher-zeitung.si. Dem Dachverband der Kulturvereine der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien (Vorsitzender: Christian Lautischer) gehören folgende Mitglieder an: Verein Freiheitsbrücke in Marburg (Internacionalno društvo most svobode), Gottscheer Altsiedler-Verein in Krapflern/Občice (Društvo Kočevarjev staroselcev), Kulturverein deutschsprachiger Frauen-„Brücken“ in Marburg (Kulturno društvo nemško govorecˇih žena mostovi), Kulturverein Abstaller Feld (Kulturno društvo Apaško Polje), Kulturverein Cilli an der Sann (Kulturno društvo Celje ob Savinji), Kulturverein der deutschsprachigen Jugend in Laibach (Kulturno društvo nemško govoreče mladine) und Gottscheer Verein in Laibach (Etnološko kočevarsko društvo).
Das Schweigerhaus
Das Schweigerhaus wurde Mitte des 17. Jahrhunderts gebaut und gehört zum einzigen nach den vernichtenden Erdbeben im April 1895 erhaltenen Baukunstwerk des berühmten Krainer Barockarchitekten Candido Zulliani. Der Name des bürgerlichen Palastes geht auf den ersten Hausbesitzer Franz Schweiger zurück. Auf der linken Seite des großen Eingangstors steht die Büste der berühmtesten Hausbewohnerin und deutsch-slowenischen Dichterin Lili Novy von Wallersberg. Im Schweigerhaus hat sie bis heute sichtbare Spuren hinterlassen. Die Gebrüder Ingo und Boris PaschWallersberg halten ein würdiges Andenken an ihre Großmutter Lili Novy aufrecht. Der Kulturverein der deutschsprachigen Jugend wird in Zusammenarbeit mit der Universität Laibach – Institut für Germanistik die nicht veröffentlichen deutschen Gedichte an einem gemeinsamen Literaturabend im Schweigerhaus vortragen.
Laibacher Zeitung – Infoblatt der deutschsprachigen Volksgruppe
Die deutschsprachige Laibacher Zeitung war in der Geschichte die älteste und einflussreichste Zeitung des Kronlandes Krain. Nach dem Zerfall des Habsburgerreiches wurde die Laibacher Zeitung im Herbst 1918 aufgrund der schwierigen Lage der deutschsprachigen Volksgruppe in der Stadt Laibach von der neuen slowenischen Verwaltung eingestellt. Die Laibacher Zeitung war zum damaligen Zeitpunkt ein verbindendes Element zwischen beiden Volksgruppen, weil die Zeitung von zahlreichen berühmten slowenischen Autoren, Dichtern und Schriftstellern der damaligen Zeit geprägt wurde. Die Idee zur Wiedergründung der Laibacher Zeitung entstand bald nach der Gründung unseres Jugendvereins. Nach vielen Jahren der intensiven Vorbereitungen, Recherchen und Gründung des Redaktionsteams war es im Jahr 2017 endlich soweit. Bis zum Ende des Jahres 2020 sind bereits neun Ausgaben erschienen. Mit viel Mühe und Energie der studentischen Zugehörigen der deutschsprachigen Volksgruppe in 70 Slowenien ist es uns gelungen, nach fast hundert Jahren der Auflösung der ältesten Zeitung der Stadt Laibach diese wiederzubeleben. Mithilfe von vielen anderen deutschsprachigen Kulturvereinen in Slowenien und anderen Organisationen im Ausland werden in der Zeitung die unterschiedlichsten Themenbereiche angesprochen. Unser großes Anliegen ist die sachliche Berichterstattung über die aktuelle Lage der deutschsprachigen Volksgruppe und die Darstellung der Bestrebungen für die verfassungsmäßige Anerkennung der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien.
Laibach, 15. Dezember 2020
Christian Lautischer, Vorsitzender